Bericht von der Erneuerbare-Energien-Konferenz bei der IHK Suhl am 20.11.2019

Von Michael Binek

Mein Besuch auf dieser Konferenz bei der IHK Suhl hinterlässt etwas gemischte Gefühle. Ich werde versuchen, darauf einzugehen, was ich positiv, als auch negativ daran sehe.

Anfangen muss ich hier leider erst mal mit einem negativen Punkt: Warum wird der Termin auf einen Mittwoch gelegt, an dem z.B. die Landtagsabgeordneten als auch Kreistage oft Sitzungen haben, und somit nicht teilnehmen können? Und warum wurden z.B. wir Grüne, trotz anderslautender Behauptungen, nicht eingeladen? Es war mehr oder weniger Zufall, dass wir ein paar Tage vorher von diesem Termin erfahren haben.

Aber jetzt zur Veranstaltung selbst. Nach entsprechender Begrüßung der 99 Teilnehmer durch den IHK Präsidenten Traut und den Vorsitzenden der Regionalen Planungsgemeinschaft, den Eisenacher Landrat Krebs, wurde die Veranstaltung durch eine fast halbstündige Rede von Frau Uta Kolano vom Thüringer Nachhaltigkeitszentrum eingeleitet.

Und hier ist definitiv Kritik nötig, denn Nachhaltigkeit, gerade im Bereich der Industrie ist ein wichtiges Thema, man hätte hier über unendlich viele Dinge reden können, welche vielleicht den ein oder anderen Unternehmer auch mal zum Nach- und Umdenken gebracht hätten. Stattdessen referierte Frau Kolano nur darüber, wie und warum diese Veranstaltung CO2-neutral wurde – mit dem Ausblick, dass man das ja entsprechend berechnen lasse und mit Geld kompensieren würde. Zumindest vom optischen Anblick her waren z.B. die knapp hundert Röhren zur Beleuchtung des Konferenzsaals noch auf Basis alter Leuchtstoffröhren. LED’s würden hier viel zu mehr Nachhaltigkeit beitragen, aber das nur als Beispiel, es hätte auch auf der Veranstaltung etliche Dinge gegeben, um nachhaltiger zu agieren.

Ich hoffe, das Nachhaltigkeitszentrum hat mehr zu bieten als so etwas, denn das Thema ist zu wichtig und umfangreich, um die Mittel für solche, relativ gesehen, irrelevanten Geschichten herauszuwerfen. Ich werde Frau Kolano in den kommenden Tagen nochmal kontaktieren, und hoffe hier auf Unterstützung bei einigen Ideen, als auch Antworten auf meine kritisierten Punkte.

Und wenn man bei der IHK oder dem Nachhaltigkeitszentrum nach Ideen und Geschäftsmodellen sucht: Der Umbau der Antriebe der allermeisten alten noch im Einsatz befindlichen Industriemaschinen auf moderne bürstenlose digital gesteuerte Motoren könnte ein riesiges gewinnbringendes Geschäftsfeld darstellen und würde gleichzeitig Millionen und Abermillionen sinnlos in Wärme gewandelte KW/h Strom einsparen. Ich sage hier bewusst UMBAU, denn Nachhaltigkeit bedeutet auch, Produkte möglichst lange zu nutzen, anstatt ständig Neues anzuschaffen – das sollte im Privatbereich als auch gerade in der Industrie viel mehr an Bedeutung gewinnen.

Es folgten zwei Impulsreferate von Frank Reinhardt (TLUBN) über den Klimawandel in Thüringen und dessen Auswirkungen auf Klimaschutzmaßnahmen und von Prof. Dr.-Ing. Viktor Wesselak (Hochschule Nordhausen) über Perspektiven Thüringens auf dem Weg zu 100% Erneuerbaren Energien.

Insbesondere den zweiten Vortrag fand ich sehr spannend, da es der Professor wirklich verstand, die Themen und die Zusammenhänge rüberzubringen.

Sehr gut erklärt hat er zum Beispiel, warum und wie man Photovoltaik und Windkraft für eine stabile Versorgung im Ausbau mischen muss.

Nach einer Kaffeepause folgte eine Aufteilung in drei verschiedene Foren, um entsprechend unterschiedliche Interessengebiete der Teilnehmer abzudecken.

Ich verfolgte den Beginn des Forums 1 zu Stand und Perspektive des Ausbaues erneuerbarer Energien aus Sicht der Regionalplaner, um dann zu Forum 2 und damit den aus meiner Sicht wesentlich spannenderen Vorträgen zu lauschen. Hier ging es unter anderem um energetische Bilanzierung im Quartier – Maßstab, also z.B. die Ausbaumöglichkeiten Erneuerbarer Energien in den Städten. Sehr gut und auch teils kritisch rübergebracht von Christoph Drebes und Sandra Sieber von der TU Darmstadt.

In einem weiteren sehr informativen Vortrag berichtete Dr.Herbert Markert (Ingenieurbüro Markert) über ein laufendes Projekt in seiner Heimatstadt Kaltennordheim zu zentraler Wärmeversorgung mithilfe einer durch Holzgewinnung im Stadtwald gefütterten Hackschnitzelheizung.

Matthias Golle von der Energiegenossenschaft Ilmtal eG. berichtete darauf über Potentiale, Motivationen und Alleinstellungsmerkmalen von Bürgerenergiegenossenschaften.

Alle drei Vorträge zeigten mehr oder weniger deutlich, dass es aus ökologischer als auch ökonomischer Sicht viel sinnvoller wäre, die Energiewende möglichst dezentral umzusetzen.

Nach der Mittagspause gab es eine kurze Zusammenfassung der Themen aus allen 3 Foren und darauf noch zwei Abschlussreferate, welche mich beide wiederum nachdenklich stimmten.

Im ersten Referat sprach Rico Chmelik (Automotive Thüringen e.V.) über die Energiewende aus Sicht der Thüringer Automobilbranche. Hier wurde aus meiner Sicht in mehreren Aussagen deutlich, was ich im Allgemeinen in diesem Thema über die deutsche Autoindustrie denke – nämlich dass man das Thema bisher nicht wirklich ernstgenommen und teils sogar verschlafen hat. So wurden die Teilnehmer der Konferenz gebeten, dem Verein Hinweise hinsichtlich Wasserstofftechnik als auch E-Mobility zu geben: Wo man sich mit befassen und investieren solle und wo vielleicht eher nicht. Hier fehlt es den Akteuren offensichtlich an einem Überblick, wie sich der Bereich entwickeln wird.

Der letzte Vortrag von Prof. Dr. Mark Jentsch handelte von aktuellen Entwicklungen und Projekten zum Thema Wasserstofftechnik, und davon, wie man Mitteldeutschland zur dezentralen Wasserstoffregion machen will.

Auch hier ist mein Bild zwiespältig, insbesondere deswegen, weil deutlich wurde – dass man hier hohe Summen in eine Technik investiert, die auf eine absehbare Zeit von 15 Jahren nicht rentabel betrieben werden kann.

Natürlich macht es Sinn, auch in Technologien ohne wirtschaftlichen Hintergrund zu investieren, aber hier wird meiner Meinung nach zu viel in die falsche Richtung investiert. Wasserstoff wird in diversen Bereichen in der Industrie und eventuell auch im ÖPNV seine Berechtigung haben.

Aber umgebaute Diesel-PKW-Motoren mit Wasserstoff zu betreiben, kann aufgrund des schlechten Wirkungsgrades der Motoren und aufgrund der hohen Umwandlungsverluste beim Wasserstoff nur als Dead Horse bezeichnet werden.

Zum Abschluss noch etwas, was mir ebenfalls sauer aufgestoßen ist – bezüglich des Mittagessens hieß es: „man habe kein vegetarisches Menü angeboten, da für die meisten Anwesenden ja Fleisch ihr Gemüse sei“ – ich weiß nicht, ob man in einer Zeit von Tierhaltungs- und Lebensmittelskandalen nicht hier auch etwas fortschrittlicher und nachhaltiger hätte agieren können.

Ich jedenfalls habe mich auf Obst und rote Grütze beschränkt und das eigentliche Mittagessen ausfallen lassen.

Alles in allem ein interessanter Tag mit teils echt guten Akteuren – einzig gefehlt hat mir eine klare Richtung, was man bei der IHK damit bezwecken möchte. Ich werde kommendes Jahr sicherlich wieder teilnehmen und in der Zwischenzeit auch versuchen, weitere Gespräche mit einigen Teilnehmern zu führen.