Wetter oder Klima (September 2024) von Gabriele Gräfe

farbenbunter Herbstbeginn
farbenbunter Herbstbeginn

So, am Montagabend hat also jemand gegen 18 Uhr den Schalter umgelegt und auf Herbst geschaltet. Ausnahmsweise trägt die Ampelregierung daran mal keine Schuld … Innerhalb von 24 Stunden sanken die Temperaturen um bis zu 20 Grad. In Italien muss es noch schlimmer gewesen sein. Temperatursturz um 25 Grad in Stunden, begleitet von heftigsten Regenfällen.

Dass wettermäßig in letzter Zeit alles so abrupt vor sich geht, dürfte mittlerweile jedem aufgefallen sein, der schon ein paar Jährchen länger lebt. Alteingesessene erzählen gern damals noch stabilem Winterwetter, von den Schneemassen im letzten Jahrhundert. Unter Lebensgefahr musste man auf die Dächer klettern, um die Schneelast zu mindern. Und geschneit hat es von November bis Ende April oder so. Das scheint echt vorbei zu sein. Früher gab`s wohl auch ein Ding namens Frühling. Heutzutage springen wir vom Winter direkt in den Sommer, scheint`s. Und vom Sommer … siehe oben. Zum Glück muss man sich heute nicht mehr „kalt erwischen“ lassen von Umschwüngen. Den Schnettern und ihren Besuchern, die auf dem Smartphone eine Wetter-App installiert haben und regelmäßig den Niederschlagsradar durchlaufen lassen, ist bestimmt nicht entgangen, dass der Radar immer stimmt, auf 10 Minuten genau. Ein gewarnter Wanderer ist ein gesund gebliebener Wanderer. Na wenigstens das.

Aber was davon ist nun Wetter und was ist Klima? Ganz kurz zusammengefasst: Wetter ist punktuell, heute, hier. Klima sind Durchschnittswerte, die sich aus Millionen Datenpunkten zusammensetzen. Meteorologie ist Chaosforschung. Klimaforschung fasst Wetter mathematisch zusammen.

Unter Klima-Zweiflern heißt es oft: „Solche Schwankungen hat es in der Erdgeschichte öfter gegeben.“ Stimmt. Aber wenn ein Geologe sagt, dass das „damals schnell“ ging, spricht er über mehrere Tausend oder Zehntausend Jahre, nicht ein paar Jahrzehnte. Und er spricht über Massenaussterben, die solche Klimawechsel verursacht haben. 99,9% aller Lebewesen, die die Erde jemals bevölkert haben – Tiere und Pflanzen –, sind ausgestorben, meist durch solche geologischen Katastrophen. Speed-Ausnahmen gab`s aber auch. Da war dieser eine Tag mit dem Meteoriten von der Größe des Mount Everest, der die Dinos fast komplett ausgerottet hat. Und es gab tausendfache Vulkaneruptionen, die auch sehr plötzlich und langanhaltend für Lebensgefahr gesorgt haben. Aber ansonsten hat sich die Erde immer sehr, sehr viel Zeit gelassen mit ihren Killer-Klimata.

Die Veränderungen der letzten Jahrzehnte erscheinen trotz allem so manchem als Pillepalle. „Was sind schon zwei, drei Grad in hundert Jahren?“ Antwort: eine (bereits begonnene) Katastrophe für die Menschheit.

Seriöse Wissenschaft behauptet nicht einfach mal so. Wissenschaft stellt sich selbst immer wieder in Frage und lässt Vorsicht walten („wahrscheinlich“, „Hinweise auf“, „deutet darauf hin“ – bitte solche Relativierungen nie überlesen). Das macht sie nicht etwa halbgar, sondern das ist ihr Wesen.  Wer in der Wissenschaft eine These aufstellt, wird sofort von Kollegen überprüft, am liebsten von denen, die einem nicht grün sind. Das hilft ungemein bei der (meist vorläufigen) Wahrheitsfindung. Bis zum nächsten Mal!

„Aber es gibt auch gegenteilige Klimastudien!“, hört man dann. Tja, wer die wohl bezahlt? Da fließen Millionenbeträge, während sich die seriöse Forschung um ein paar Fördergelder balgt. Kohle ist im Deutschen nicht umsonst ein Synonym für Geld. Es steht natürlich jedem frei, einfach mal so ein bisschen herumzuzweifeln, weil es schick ist, weil es einen interessant machen soll und man dann sagen kann, man habe einen freien Geist. Dabei aber bitte nicht vergessen: „Das glaube ich nicht“ ist eine Meinung, aber keine Aussage, die ausreicht, Fakten zu entkräften. Ob man das (Klima-)Blatt noch wenden kann, bezweifeln mittlerweile selbst Fachleute. Aber wenigstens den Status Quo zu halten wäre wichtig für unsere Nachkommen. Finden Sie nicht?

Wie auch immer – wir hier im ehemaligen Gasthaus Spindler lieben die neue kühle Herbststimmung mit ihrer glasklaren Luft. Die Hühner hatten bei der Hitze aufgehört zu legen, der Hund lag nur noch herum. Ab sofort Frische im Schlafzimmer. Socken an und Teewasser aufsetzen. Herrlich!